Die Heilige Hildegard von Bingen war eine bedeutende Universalgelehrte, die ein umfangreiches und äußerst facettenreiches Werk hinterlassen hat. Sie war gleichermaßen Ordensfrau und Wissenschaftlerin, Theologin, Kirchenlehrerin und Philosophin, Musikerin und Dichterin, Ärztin und Naturheilkundige. Ihr gesamtes Werk zielt darauf ab, den Menschen mit Gott in Berührung zu bringen und ihn zu einem Leben aus dem Glauben zu ermutigen. 

1098 Geburt Hildegards in Rheinhessen
ab 1112 Leben und Wirken in der Klause auf dem Disibodenberg bei Bad Sobernheim
1147/48 Papst Eugen III. bestätigt Hildegards Visionsgabe im Trierer Dom
1150 Übersiedlung in das neue Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen
ab 1158 Öffentliche Predigten u. a. in Mainz, Trier und Köln
1165 Hildegard gründet ein zweites Kloster in Eibingen und öffnet es für bürgerliche Frauen. Sie wird auch dort Äbtissin.
1179 17. September: Tod Hildegards
2012 Heiligsprechung für die Weltkirche und Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin

Gemeinsam auf den Spuren der Heiligen Hildegard von Bingen
Einladung zu einem besonderen Pilgertag

Anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Hildegard-Stiftung veranstaltet die Hildegard-Stiftung im September 2023 für ihre und die Mitarbeitenden der ctt und ctt Reha einen besonderen Pilgertag. Gemeinsam möchte man einen kurzen Abschnitt des Hildegardsweg zum Kloster Eibingen pilgern und sich abseits der Arbeitsorte begegnen und in Kontakt kommen.

Um die Namenspatronin der Hildegard-Stiftung näher kennen zu lernen pilgern wir von der Wallfahrtskirche Sankt Hildegard bis zur Abtei Sankt Hildegard in Eibingen und tauchen ein in die bewegte Geschichte der Kirchenlehrerin - Visionärin - Heilkundige - Mahnerin - Mutmacherin.


Klöster waren im Mittelalter die Heil- und Behandlungszentren schlechthin. Hildegard erlernte bereits auf dem Disibodenberg ihre umfangreichen Kenntnisse im Bereich der Krankenpflege und der Natur- und Pflanzenheilkunde. Heil und Heilung gehören für sie untrennbar zusammen. Sie sieht eine sinnvolle, wertorientierte und maßvolle Lebensführung als beste Vorsorge vor Krankheiten des Leibes und der Seele. 
Hildegard brachte die medizinische Tradition ihrer Zeit mit dem Heilkräuterwissen aus der Volksmedizin zusammen. Ihre Heilmethoden erfuhr sie nach eigenen Angaben auch durch göttliche Visionen, in denen sie die Wirkung von Heilpflanzen oder auch gesunder ganzheitlicher Ernährung erkannte. In Ihrem Werk ­»CAUSAE ET CURAE – Ursprung und Behandlung der Krankheiten« (1150 –1158) beschreibt sie eine Vielzahl von Krankheitsbildern, Behandlungsmöglichkeiten und Ratschläge zur Vorbeugung von Krankheiten. Im Werk »PHYSICA - Heilsame Schöpfung – die natürliche Wirkkraft der Dinge« geht es um die Kräfte der Natur auf den gesunden und den kranken Menschen.

»Es ist nicht leicht, sich der Gestalt der heiligen Hildegard zu nähern. Sie bezeichnet sich immer wieder als einfältigen Menschen, als ungelehrt. In Wirklichkeit aber zählt sie zu den großen Frauengestalten des Mittelalters: Sie ist Ärztin, Komponistin, Verfasserin großer Werke über die Welt und den Menschen, kennt die Bibel und die Kirchenväter, kennt sich in der damaligen Naturkunde ebenso aus wie in der Medizin oder Ackerbau.« 

Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz

Neben Heilpflanzen und Kräutern spielten Gewürze eine große Rolle im Leben der Äbtissin. Ingwer, Bertram, Galgant und andere längst vergessene Gewürze kamen bei ihr zum Einsatz. Teils wurden sie pulverisiert und in einen Teig aus Dinkel verknetet. Daraus ließ Hildegard von Bingen Rollen formen und sie in der Sonne trocknen. Diese Küchlein wurden als Krankenkost verwendet.

Im Zentrum von Hildegards Denken und Handeln steht der Mensch und sein Leben. Gott schuf den Menschen als freies Geschöpf aus reiner Liebe und Ebenbild Gottes. Die Antwort des Menschen auf diese Liebe besteht darin, in Einklang mit der weisen und maßvollen Ordnung des Kosmos zu leben. Hildegard betont, dass ein erfolgreiches Leben nur durch Ehrfurcht vor Gott, sich selbst, Mitmenschen und der Schöpfung erreicht wird.

»Hildegard ist eine herausragende Persönlichkeit, die mir imponiert und Mut macht. Von visionärer Gabe und zugleich mitten im Leben stehend, ist sie ihren Weg gegangen. Hildegard von Bingens Vorbild zeigt, wie Charakterstärke, Geradlinigkeit und Offenheit gegenüber Neuem den Gottesglauben beflügeln und den Menschen dienen. Ihr Werk ist eine Quelle der Inspiration von zeitloser Kraft.« 

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz

Die mahnenden Worte von Hildegard zur Bewahrung der Schöpfung sind für die Hildegard-Stiftung Anreiz und verstärkende Wirkung zugleich, insbesondere die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung zu stärken, was mit der Einführung von Corporate Social Responsibility (CSR) in den Unternehmenstöchtern bereits begonnen wurde.
 

Das Wort »Vision« kommt vom lateinischen Wort für sehen (»videre«). Es bedeutet im biblischen Sinn mehr wahrzunehmen als nur die äußere Wirklichkeit. Bereits im frühen Kindesalter zeigte sich Hildegards visionäre Begabung durch das Erlebnis eines hellen Lichts. Sie erlebte regelmäßig Schauungen im Alltag, ohne das Wachbewusstsein zu verlieren. Als Kind sprach sie offen über ihre Visionen, dachte aber, dass alle Menschen ähnliche Erlebnisse hatten. Später wurde sie vorsichtiger, da sie erkannte, dass nur sie diese Gabe besaß. Ihre Eltern entschieden sich, sie in ein Kloster zu geben, wo Jutta von Sponheim ihre Mentorin wurde. Dort bekam sie den Mönch Volmar als Lehrer, der sie ermutigte, ihre Visionen aufzuschreiben. Ihr erstes Buch, welches sie aufschrieb, war das »Liber Scivias«, und es folgten weitere Schriften. Hildegard empfand die Niederschrift als göttlichen Auftrag.

»Und ich habe diese Dinge nicht nach der Erfindung meines Herzens oder irgendeines Menschen geschrieben, sondern wie ich sie im himmlischen Bereich gesehen, gehört und durch die verborgenen Geheimnisse Gottes empfangen habe.« 

Hildegard, Liber Scivias, S.16

»Der Seherin vom Rhein war in einer ganz hervorragenden Weise das geschenkt, was eigentlich – wenngleich zumeist unspektakulär – zur »Grundausstattung« eines jeden Christen gehört: die Gabe und der Auftrag, nicht hängen zu bleiben in den schönen und schweren Dingen des Alltags, sich nicht einsperren zu lassen unter der Käseglocke des eigenen, begrenzten Horizonts, nicht völlig aufzugehen in den großen und kleinen Anforderungen des Hier und Heute, sondern hinauszuschauen über den Tellerrand der eigenen Existenz und einen Blick zu gewinnen für das Ganze der Welt und der Geschichte.«

Stephan Ackermann, Bischof von Trier

Die Person Heilige Hildegard von Bingen ist als Namenspatronin der Hildegard-Stiftung auch in der heutigen Zeit aktuell. Sie ist eine herausragende Persönlichkeit, die uns Mut machen und Vorbild sein kann. Auch heute, in Zeiten des Umbruchs im Gesundheitswesen sowie in vielen gesellschaftlich relevanten Bereichen, kann sie Kraftquelle sein. Sie kann ermutigen, neue Wege einzuschlagen, Visionen zu entwickeln und diese auch unbeirrt umzusetzen, wo auch immer möglich. Auf ihren Pfaden zu gehen kann bedeuten, auch unbequeme schwierige Wege zu beschreiten, Konflikte nicht zu scheuen und dennoch fokussiert auf die definierten Ziele zu bleiben.
Die Lehren und Schriften der Heiligen Hildegard haben uns bereits bei vielen Themen bestärkt und als Energie- und Kraftquelle gedient.

Was würde uns Hildegard angesichts der Probleme heutiger Themen raten?

Umweltprobleme und Klimawandel

»Mensch, überdenke wie weit du in die Schöpfung eingreifen darfst und bedenke die Folgen!«

Gesundheit und Gesundheitswesen

»Mensch, du bist nicht Herr über das Leben und auch keine Maschine, sondern du bist Teil der Schöpfung Gottes. Sorge für Körper und Leib!«

Kirche und Gemeinde

»Mensch, nimm deine Berufung wahr und erneuere die Kirche!«

Gesellschaft und Gemeinschaft

»Mensch, überwinde dein Kreisen um dich selbst. Werde Teil einer sorgenden Gemeinde, Gemeinschaft und Gesellschaft!«

Politik und Haltung

»Mensch, verlasse deine Komfortzone. Stehe ein für Werte, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Nächstenliebe!«

Weitere Informationen über die Heilige Hildegard von Bingen gibt es in zahlreichen Büchern und Filmen oder auf der Webseite der Abtei St. Hildegard:

abtei-st-hildegard.de/hildegard-von-bingen